14. Impfungen des Pferdes und Impfmanagement

14.1. Grundlagen des Impfens

Impfungen gehören zu den erfolgreichsten prophylaktischen Maßnahmen, um Infektionskrankheiten zu verhindern und die Gesundheit der Pferde zu erhalten. Durch möglichst flächendeckende Impfungen kann die Verbreitung von Infektionen bakteriellen oder viralen Ursprungs eingedämmt oder die Ausbreitung unter den Pferden deutlich reduziert werden. Bei der Impfung werden bestimmte Eigenschaften des Immunsystems der Pferde genutzt. Neben der Bildung von Antikörpern und Abwehrzellen als eine Abwehrstrategie, kann das Immunsystem auch Gedächtniszellen bilden, so dass es die gleichen Erreger auch nach Jahren noch erkennt und bekämpft. Die Impfung trainiert das Immunsystem zur Abwehr gegen spezifische Krankheitserreger, indem abgeschwächte oder abgetötete Erreger oder deren Bestandteile per Impfung in den Körper verbracht werden, auf die der Körper mit entsprechenden Abwehrmechanismen reagiert.

Grundsätzlich beginnt jede Impfung mit der Grundimmunisierung, die in Abhängigkeit vom verwendeten Impfstoff meist aus drei Impfungen besteht. Auffrischungsimpfungen müssen in unterschiedlichen Zeitabständen vorgenommen werden, wie dies bei den einzelnen Impfstoffen aufgezeigt wird. Da das Saugfohlen über die Biestmilch Antikörper der Mutter gegen verschiedene Krankheiten erhält, sollte die Grundimmunisierung mit allen derzeit verfügbaren Impfstoffen nicht vor dem abgeschlossenen sechsten Lebensmonat erfolgen. Andernfalls kann die Impfung durch Wechselwirkungen zwischen den Antikörpern und dem Impfvirus nicht erfolgreich sein. Nach der Erstimpfung folgt nach sechs bis acht Wochen die zweite, nach sechs oder zwölf Monaten die dritte Impfung. Wird eine solche Auffrischungsimpfung versäumt, kann eine neue Grundimmunisierung erforderlich werden. Eine korrekte Grundimmunisierung ist die Voraussetzung für die Ausbildung eines guten Immunschutzes!

Damit der Impfschutz durchgehend aufrechterhalten wird, müssen die vorgegebenen Impfintervalle eingehalten werden. Auch gilt es zu beachten, dass der Körper des Pferdes auf die Impfung nur mit der optimalen Immunantwort reagieren kann, wenn das Pferd gesund und parasitenunbelastet ist. Um die Impffähigkeit festzustellen, untersucht der Tierarzt das Pferd deshalb vorab. Prinzipiell sollten Entwurmungen vor den Impfungen erfolgt sein. Nach der Impfung soll das Pferd einige Tage nur leicht bewegt werden.

14.2. Warum gegen Tetanus und Influenza impfen?

Für alle Pferde, egal, ob es sich dabei um ein Turnierpferd, den Youngster auf der Weide oder einen Freizeitpartner für das Gelände handelt, ist die Tetanus-Impfung eine absolute Pflicht. Pferde sind besonders anfällig für das TetanusToxin. Die Impfung gegen Tetanus bei Pferden ist eine Selbstverständlichkeit und ein Unterlassen der Tetanusimpfung verstößt gegen den Tierschutz. Die Impfung ist der einzig wirksame Schutz gegen die Erkrankung. Nach der korrekten Grundimmunisierung müssen die Wiederholungsimpfungen, je nach Impfstoffhersteller, in einem ein- bis dreijährigen Abstand wiederholt werden, um den Impfschutz aufrecht zu erhalten. In Abhängigkeit vom verwendeten Impfstoff weiß der Tierarzt, zu welchem Zeitpunkt die nächste Tetanus-Impfung erfolgen sollte. Allerdings haben wissenschaftliche Erkenntnisse gezeigt, dass bei einer ordnungsgemäßen Grundimmunisierung ein Impfschutz durchaus deutlich über die Zeit des vom Impfstoffhersteller angegebenen Impfintervalls hinaus bestehen kann. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, mit Hilfe eines Schnelltests den vorhandenen Tetanus-Antikörperspiegel zu überprüfen. Nach einer konsequenten, vollständigen Grundimmunisierung kann die Impfentscheidung theoretisch von dem Ergebnis des Schnelltests abhängig gemacht werden.

Ein weiteres Muss ist die Impfung gegen Influenza. Die Impfung ist nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft die einzige Maßnahme, um bei Pferden, die Infektion, das Auftreten der Erkrankung und deren Ausbreitung zu verhindern. Für Pferde, die am Turniersport teilnehmen, schreibt die FN die Influenza-Impfung nach erfolgter Grundimmunisierung alle sechs Monate vor. Diese Impfvorschrift ist in der Leistungs-Prüfungs-Ordnung (LPO), § 66.6.10 Allgemeine Teilnahmebeschränkungen von Pferden, festgelegt. Nähere Informationen finden sich in den Durchführungsbestimmungen der LPO. Die Empfehlung der Expertenarbeitsgruppe, die die Impfleitlinien für Pferde festlegt, stellt fest, dass durch halbjährliche Wiederholungsimpfungen der Antikörperspiegel gegen das Influenzavirus bestmöglich aufrechterhalten werden kann. Ab einem halben Jahr nach der Impfung beginnt der Influenza-Antikörperspiel abzunehmen. Auf Basis dieser Erkenntnisse können auch bei Pferden, die nicht am Turniersport teilnehmen, die Influenzaimpfungen im halbjährlichen Abstand empfehlenswert sein. Zudem ist es wichtig, dass der Tierarzt einen Impfstoff verwendet, der an die aktuell kursierenden Stämme des Influenzavirus angepasst ist. Andernfalls kann die InfluenzaImpfung nicht im vollen Umfang wirksam sein und das Pferd ist nicht sicher vor einer Infektion mit Influenzaviren geschützt.

Das Influenzavirus hat die Fähigkeit, seine immunogenen Eigenschaften von Zeit zu Zeit zu verändern. Daher sind wiederkehrende Überprüfungen von Proben der Atemwege erkrankter Pferde auf Viren notwendig, um die aktuell im Feld verbreiteten Virenstämme zu erfassen, die verfügbaren Impfstoffe hinsichtlich ihrer immunitätsbildenden Fähigkeit zu überprüfen und/oder gegebenenfalls neue Impfstämme in die Impfstoffe zu übernehmen. Dementsprechend ist es sehr wichtig, dass der Tierarzt einen Impfstoff auswählt, der den aktuell zirkulierenden Viren angepasst ist. Andernfalls ist es möglich, dass das geimpfte Pferd trotzdem an Influenza erkrankt.

14.3. Warum ist die Herpes-Impfung empfehlenswert?

Trotz einiger Einschränkungen in Bezug auf die EHV-Impfung empfiehlt die FN, die Pferde gegen das Herpesvirus impfen zu lassen.

In Deutschland sind grundsätzlich zwei Impfstoffe gegen Herpesviren auf dem Markt, die die relevanten equinen Herpesviren 1 und/oder 4 enthalten. Bei den auf dem Markt befindlichen Herpesimpfstoffen handelt es sich zum einen um einen abgeschwächten Lebendimpfstoff (EHV1), zum anderen um einen Kombinationsimpfstoff aus EHV1 und 4, bei dem die Impfviren in abgetöteter Form vorliegen. Leider ist die Verfügbarkeit der Impfstoffe in Deutschland durch Lieferengpässe seitens der Hersteller oftmals begrenzt. Allerdings hat der Tierarzt die Möglichkeit, Impfstoff aus dem Ausland zu beziehen. So können Pferde weiter im regelmäßigen Abstand gegen Herpes geimpft werden.

Im Unterschied zu den Impfungen gegen Tetanus oder Influenza, die das einzelne Pferd relativ sicher vor der Erkrankung schützen, kann die Impfung gegen Herpes die Infektion und den eventuellen Ausbruch der durch Herpes hervorgerufenen Krankheiten beim einzelnen Pferd nicht sicher verhindern, sondern lediglich günstig beeinflussen oder abmildern. Die Impfung gegen Herpes stellt einen wichtigen Bestandteil der betriebshygienischen Maßnahmen dar, dessen Hauptziel es ist, die Ausscheidung von Herpesviren im Gesamtbestand zu verringern. Dies ist nur möglich, wenn möglichst alle Pferde flächendeckend geimpft werden. Nach der Grundimmunisierung erfolgt eine Auffrischung der Impfung in halbjährlichem Rhythmus. Da EHV1 und 4 viele Ähnlichkeiten aufweisen, kann der Tierarzt bei Lieferengpässen auf einen anderen als den bisher verwendeten Impfstoff ausweichen. Allerdings gilt diese Ausnahme nicht für Impfungen, die Teil der Grundimmunisierung sind. Hier sollte immer der gleiche Impfstamm verwendet werden. Beim Ausweichen auf den EHV1-LebendImpfstoff, ist jedoch insbesondere bei Zuchtbetrieben und tragenden Stuten zu beachten, dass dieser Impfstoff keine Zulassung für die Vorbeugung des Virusaborts besitzt.

14.4. Welche anderen Impfungen gibt es noch?

Neben den Impfungen gegen Tetanus, Influenza und Herpes gibt es die Möglichkeit, gegen weitere Infektionskrankheiten zu impfen. Ob noch weitere Impfungen sinnvoll sind, sollte individuell mit dem Tierarzt abgestimmt werden. In bestimmten Regionen Deutschlands kann eine Tollwut-Impfung sinnvoll sein. Ein anderes Beispiel ist die Impfung gegen Pilze, die betroffenen Pferden, neben anderen Maßnahmen, helfen kann, wieder gesund zu werden und nicht erneut an Pilz zu erkranken. Auch in einem Zuchtbetrieb mit vielen Fohlen kann eine Impfung gegen Rotaviren angebracht sein.

Bei allen Impfungen, die zusätzlich durchgeführt werden, sind die Wirksamkeit der Impfung und/ oder das damit einhergehende Impfziel zu bedenken. Hier steht der Tierarzt beratend zur Seite.

Impfempfehlungen für Pferde in der Übersicht

TetanusInfluenzaHerpes
Impfenjaja (für Turnierpferde verpflichtend)empfehlenswert
Grundimmuni-
sierung
1. Impfung: im Alter von 6. Lebensmonaten
2. Impfung: 4-6 Wochen nach 1. Impfung
3. Impfung: 12 Monate nach 2. Impfung
1. Impfung: im Alter von 6 Monaten
2. Impfung: 4-6 Wochen nach 1. Impfung
3. Impfung: 6 Monate (plus maximal 21 Tage) nach 2. Impfung
1. Impfung: im Alter von 6 Monaten
2. Impfung: 4- 6 Wochen nach 1. Impfung
3. Impfung: 6 Monate nach der 2. Impfung
Auffrischungs-
impfung
Wiederholungsimpfungen im Abstand von 1-3 Jahren (ggfs. Impfentscheidung nach Antikörper-Schnelltest)Wiederholungsimpfungen im Abstand von 6 Monaten (plus maximal 21 Tage)Wiederholungsimpfungen im Abstand von 6 Monaten

14.5. Wie sollten Zuchtstuten geimpft sein?

Zuchtstuten sollten einen Impfschutz gegen Tetanus, Influenza und Herpes aufweisen. Dadurch wird nicht nur die Gesundheit der Stute, sondern auch des Fohlens geschützt, da innerhalb der ersten Stunden des Fohlens lebensnotwendige Antikörper über die Biestmilch aufgenommen werden. Alle im Blut der Mutter vorhandenen Antikörper gehen somit indirekt auf das Fohlen über.

Neben einem Tetanusschutz, der auf Grund der Tierschutzrelevanz als selbstverständlich angesehen wird, sind auch die Impfungen gegen Influenza und Herpes im Hinblick auf die Immunsituation von Stute und Fohlen von großer Bedeutung.

In Zuchtbetrieben können durch die Impfung aller Pferde gegen Herpes die durch dieses Virus hervorgerufenen „Abortstürme“ in sehr vielen Fällen verhindert werden.

Impfempfehlung für Zuchtstuten in der Übersicht

TetanusInfluenzaHerpes
Impfenjajaja
Durch-
führung
Nach erfolgreicher Grund-immunisierung müssen Zuchtstuten regelmäßig Auffrischungsimpfungen erhalten (ggfs. Impfentscheidung nach Antikörper-Schnelltest). Dies gilt auch für die Zeiten außerhalb der Trächtigkeit4. bis 5. und 10. bis 11. TrächtigkeitsmonatEHV1 (Lebendimpfstoff): 4. bis 5. und 8. Trächtigkeitsmonat EHV1 und 4 (abgeschwächter Impfstoff): 5. und 7. sowie 9. Trächtigkeitsmonat